Trickreicher Staatsanwalt

Sachen gibt´s, die gibt´s ja gar nicht, aber dennoch gibt es sie und so kam es, dass ein Auto eines Tages unbefugt vom Weg abkam, in einen Schrebergarten abglitt und eine Spur der Verwüstung zog. Dummerweise hat es sich danach auch noch entfernt.
Als der Schrebergärtner einige Tage später den Schaden bemerkt, startet er – moderne Zeiten – einen Aufruf bei Facebook: Wer hat was gesehen? Prompt meldet sich der Eigentümer einer Nobelkarosse, der sich entschuldigt und den Schaden seiner Versicherung meldet.
Wie das geschehen konnte? Nun, die Frau sei eben gefahren, ein derart PS-starkes Auto aber nicht gewohnt, dann auch noch vom Weg abgekommen, vor Schreck Gas und Bremse verwechselt, wie´s eben so geht.
Das wiederum macht die – vorher schon informierte – Polizei misstrauisch. Ein Beamter fotografiert den Unfallort von allen Seiten, malt Skizzen und spielt nach Herzenslust Detektiv, was schließlich zu folgender Theorie führt: Die Nobelkarosse hat durch den Diesel-Skandal stark an Wert verloren, darum wurde sie bewusst beschädigt, um mit der Vollkasko-Versicherung abrechnen zu können. Klarer Fall von Betrug!

Klingt abenteuerlich, vor allem wenn man weiß, was eine Vollkaskoversicherung zahlt: Maximal den Wiederbeschaffungswert, also den Preis, den der Benz (huch, jetzt hab ich´s doch gesagt) vor dem Schaden hatte. War das Auto wegen des Diesel-Skandals bereits im Wert gemindert, ist auch bei der Vollkaskoversicherung nicht mehr zu holen, als der Markt eben hergibt. Nix war´s also mit dem angeblichen Betrug zu Lasten der Versicherung.

So schnell gibt aber ein deutscher Polizist nicht auf, denn seine Ermittlungen haben auch zutage gefördert, dass der Ehemann und Eigentümer des Autos keinen Führerschein hat. Macht ja nix, wirst Du, geneigter Leser jetzt denken. Beifahrer brauchen keinen Lappen. Es macht aber schon was, sobald Du denkst wie ein Polizist. Wenn jemand nämlich keinen Führerschein hat, bedeutet dies nach kriminalistischer Logik, dass er selbst gefahren ist und die Ehefrau nur als Alibi fungiert.
Mit dieser Theorie geht der Polizist dann zum Staatsanwalt, der messerscharf erkennt, dass das Wegfahren nach dem Unfall strafbar ist.

Nun ist Unfallflucht ein Alltagsdelikt, das anzuklagen offenbar wenig Spaß macht, weshalb die Story noch etwas Pep braucht. Das Fahren ohne Führerschein ist zwar auch nicht sooo spannend, hätte aber wenigstens den Vorteil, dass der Mann auf die Anklagebank käme. Denn der ist schon amtsbekannt, dem würde man gerne einen auf den Deckel geben.

Es bleibt das Geheimnis des Staatsanwaltes, wie lange er an dem Fall grübelte, bevor er – ohne jeglichen Hinweis in der Akte – eine Lösung fand, die zumindest als Anklage mal vom Einheitsbrei abweicht: Angeklagt hat er nämlich beide Eheleute! Der Mann sei (ohne Führerschein) zu dem Garten hingefahren, die Frau zurück (Unfallflucht).

Ich bin mal gespannt, wie er das beweist …

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