Grenztheater

Einige Jährchen war es still in diesem Blog. Ich war – neben dem Beruf – mit zwei neuen Romanen beschäftigt. Mittlerweile sind der »Blutwingert« (2022) und das »Rebfeuer« (2024) erschienen; ich kann mich wieder dem Bloggen zuwenden.
Eine neue Regierung haben wir auch, die ich direkt anvisiere wegen ihres Lieblingsthemas: Zurückweisung. Das meint nicht, Abgeordnete mit Baskenmütze oder Palestina-Shirt aus dem Bundestag zu werfen, es meint die rechtswidrige, die grundgesetzwidrige, die menschenrechtswidrige Praxis, Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen und sie gar nicht erst ins Land zu lassen.
Das VG Berlin (Beschl. v. 2.6.2025 – VG 6 L 191/25) hat sich kürzlich dazu geäußert und diese Praxis abgewatscht. Mit juristischen Argumenten, die ahnen lassen: Da hat ein Gericht die Materie tief durchdrungen. Jedes Argument ist belegt mit ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung, jeder denkbare Einwand aufgespießt und sauber widerlegt. Sollte dich, geneigter Leser,das Thema wirklich interessieren, dann gönn dir die Lektüre des Beschlusses. Besonders peinlich für die Regierung: Den angeblichen »Notstand«, diesen Beelzebub der Verfassungsgeschichte des 20. Jahrhunderts, kann das Gericht nicht ansatzweise erkennen!
Die Konsequenzen könnten bis zur Strafverfolgung aller an Zurückweisungen beteiligten Polizisten gehen. Aber der verantwortliche Minister setzt nun (von Fachkreisen dafür verlacht) auf das Hauptsacheverfahren und die höheren Instanzen. Heißt vordergründig: Die kompetent und profund begründete Entscheidung eines deutschen Gerichts interessiert mich nicht. Viel schlimmer ist aber, was dahinter steckt, nämlich: Meine Maxime ist politischer Korpsgeist, entgegenstehendes Recht bin ich jederzeit zu brechen bereit!
Hat solch ein Innenminister Anspruch darauf, »Verfassungsminister« genannt zu werden? Ich habe diesen Begriff in Zusammenhang mit Dobrindt noch nicht gehört. Die Bevölkerung, die Presse und sogar die Politik selbst werden wissen warum.