Pflichtverteidigung

Was bedeutet eigentlich „Pflichtverteidigung“?

„Ich habe kein Geld, also muss der Staat mir einen Verteidiger bezahlen“, hört man hier. „Pflichtverteidiger taugen nichts, nimm Dir lieber einen richtigen Anwalt“, tönt es aus der anderen Ecke. Beide Aussagen sind falsch, egal wie oft sie wiederholt werden.
Zunächst einmal vorweg: Den Pflichtverteidiger gibt es nicht „umsonst“ oder „auf Staatskosten“. Wirst Du wegen einer Straftat verurteilt, musst Du auch die Kosten des Pflichtverteidigers zahlen. Allerdings dürfte die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, mit einem Verteidiger an Deiner Seite etwas geringer sein.
Ob der Staat Dir einen solchen beiordnet, hängt von der vorgeworfenen Straftat ab, nicht von Deinen Finanzen. Als Faustregel gilt: Ab einer Straferwartung von einem Jahr musst Du mit einem Verteidiger vor Gericht erscheinen. Kommst Du ohne, sucht das Gericht einen für Dich aus. Du darfst allerdings frei wählen, also „Deinen“ Verteidiger beiordnen lassen.

Daraus folgt zweierlei:

Mörder, Räuber, Vergewaltiger usw. können einen Pflichtverteidiger beantragen, selbst wenn sie Millionäre sind.
Ladendiebe, ebay-Betrüger, Schwarzfahrer usw. bekommen nicht schon deshalb einen Pflichtverteidiger, weil sie keine Kohle haben. Аusnahmen gibt es – wie immer bei Juristen – viele. Stehst Du bereits unter Bewährung, beschert Dir auch der halb abgenagte Muster-Lippenstift, der in der Drogerie zufällig und unbemerkt in Deine Tasche gefallen ist, einen Pflichtverteidiger.

Was leistet er nun, dieses Wunderwesen von dem irgendwann im Strafverfahren alle reden?

Nun, er macht das, was Dein Bäcker um die Ecke auch tut. Hat er Freude am Beruf und das nötige Fachwissen, dann kreiert er die absolut geniale siebenstöckige Sacher-Käse-Sahne-Schwarzwälder-Hochzeits-Kirschtorte mit Amaretto-Limettengeschmack und einem Hauch von Lebkuchen und Ingwer von der Du Dein Leben lang schwärmen wirst. Ist er hingegen völlig bocklos und wäre zudem lieber Autoschlosser geworden, backt er eben das Brötchen von vorgestern auf. Dann wird aus der Pflichtverteidigung die gefürchtete Palliativverteidigung, die bloße Urteilsbegleitung.

Freispruch oder Knast liegen gefährlich nahe beieinander. Mit dem falschen Verteidiger an Deiner Seite eliminierst Du also problemlos alle Risiken, die ein Strafprozess sonst noch so bietet und landest ebenso problemlos hinter Gittern.
Darum: Augen auf bei der Verteidigerwahl! Als Pflichtverteidiger bekommst Du sicher nicht den Besten, aber mit dem Schlechtesten musst Du Dich auch nicht zufrieden geben.

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