Rechtsschutzärger

Rechtsschutzärger

Ein schönes Beispiel dafür, warum ich der Meinung bin (und dies auch nachlesbar verkünde), dass die anwaltliche Zusammenarbeit mit den Rechtschutzversicherern (RSV) von diesen unnötig erschwert wird, ist mir heuer wieder begegnet:

Der Fall: Ein Mandant macht Schadensersatzansprüche geltend aus einem Verkehrsunfall in München. Dafür hat er Anspruch auf Kostenübernahme durch eine RSV, deren gelbes Logo mich immer an ein Ärger-Smiley erinnert. Die RSV will natürlich, dass ein von ihr ausgesuchter Anwalt den Prozess führt und ist beledigt, weil der Mandant sich den Anwalt seines Vertrauens selbst gewählt hat. Darum triezt sie mich schon beim außergerichtlichen Schriftverkehr mit schwachsinnigen Gebührenkürzungen (für Insider: 1,1 statt 1,3).

Dann kommt es zum Prozess, das Amtsgericht München beraumt einen Termin an und ich fordere von der RSV einen Vorschuss auf meine Fahrtkosten. Denn pro Kilometer von der Kanzlei bis München und wieder zurück stehen mir 30 Cent zu zuzüglich – und da wird es spannend – der gesetzlichen Umsatzsteuer.

Grundsätzlich hätte ich diese Kosten vorgelegt und hinterher dem Gegner in Rechnung gestellt. Denn der verliert ohnehin und muss dann zahlen. Weil mich die RSV aber nicht nett behandelt hat, fordere ich eben Vorschuss, was die RSV wohl zur Weißglut reizt, denn umgehend sucht sie nach Möglichkeiten, den Vorschuss zu kürzen.

Die Fahrtstrecke Kanzlei – München errechnet ein Routenplaner; die 30 Cent pro KM stehen im Gesetz. Da lässt sich nicht dran rütteln (obwohl ich es nicht für ausgeschlossen halte, dass eine RSV mir irgendwann vorrechnet, man könne auch über Feld- und Wanderwege abkürzen und dadurch 11 KM sparen). Was also tut der zum Schikanieren angewiesene Sachbearbeiter der RSV? Richtig! Er überweist „zunächst ohne Mehrwertsteuer„.

Sparen in der Anwälte Säckel ist der RSV Lieblingsbeschäftigung. Legionen drittklassiger Versicherungsjuristen müssen sich diesen Trick ausgedacht haben.

Was heißt das nun im Klartext?

Wenn ich 100 EUR Vorschuss bekomme, will das Finanzamt davon 19% haben, und zwar unabhänig davon, ob mir das Geld mit oder „zunächst ohne Mehrwertsteuer“ überwiesen wird. Daher stellt jeder Selbständige 119 EUR in Rechnung, damit er unterm Strich auch tatsächlich die kalkulierten 100 EUR hat. Wenn die RSV nämlich „zunächst ohne Mehrwertsteuer“ zahlt, muss ich trotzdem 19% abführen. Es bleiben folglich nur 84 EUR übrig.

Oder noch deutlicher: Meine Fahrtstrecke bis München beträgt 433 KM. Weil die RSV „zunächst ohne Mehrwertsteuer zahlt„, sind jedoch (abzgl. 19%) nur 363 KM kostenmäßig gesichert.
Natürlich bleibe ich deshalb nicht 70 KM vor München stehen und lasse den Mandanten ins Messer laufen. Er kann ja nichts dafür, dass ihm jemand vor Abschluss des Versicherungsvertrages einen falschen Tipp gegeben hat. Aber vielleicht mache ich auf dem Rückweg 140 KM vor der Kanzlei eine Pause, rufe den Sachbearbeiter der RSV an und frage ihn mal, ob er mir jetzt eine Übernachtung im Hotel bezahlt, weil die restlichen Kosten für den Heimweg nicht gedeckt sind.

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